Eine Explosion hat am Freitag ein Haus in Birkenau zerstört. Ein Ereignis, dass die Bewohner der Bergstraßen-Gemeinde erschüttert.
BIRKENAU-LÖHRBACH - Birkenau-Löhrbach. Ein ohrenbetäubender Knall schreckte am Freitagmorgen gegen 7.45 Uhr die Bewohner des Birkenauer Ortsteils Löhrbach auf. "Im ersten Moment habe ich gedacht, unser Balkon ist abgekracht", erzählt Martin Matheja. Einen Familienvater ein paar Häuser weiter hat es förmlich aus dem Bett gerissen. "Das war ein ordentlicher Rums", schildert er.
Was passiert ist, sehen er und sein Sohn im nächsten Moment beim Blick aus dem Fenster: Das benachbarte Einfamilienhaus in der Buchklinger Straße 14 steht nicht mehr. Stattdessen lodern Flammen, Trümmer liegen im Umkreis von gut 50 Meter um das Gebäude zerstreut. Die Druckwelle der Explosion hat Teile des Dachs abgehoben, große Mauersteine durch die Luft fliegen lassen. Hier liegt ein Rollladen, dort ein Fenster, überall sind Scherben. Die Waschmaschine ist in die Luft geschleudert worden und steht nun auf dem Kopf am Rande eines eingestürzten Zimmers. Das Skelett eines Nadelbaumes ragt verkohlt in den blauen Himmel.
Zum Glück ist die Feuerwehr schnell vor Ort und verhindert Schlimmeres: Das Nachbarhaus, das unmittelbar an den Unglücksort angrenzt, ist bereits stark in Mitleidenschaft gezogen. Ein Holzbalkon im hinteren Bereich ist teilweise eingestürzt, das Dach stark beschädigt, Fensterscheiben sind zerborsten. Die beiden Bewohner werden evakuiert und seelsorgerisch betreut. Zwei Häuser weiter ist das Dach einer Scheune von der Druckwelle eingedrückt worden.
Für die Nachbarn ist schnell klar, was passiert ist: Das Haus des 59-jährigen Eigentümers sollte am Freitagmorgen um 9 Uhr in Fürth zwangsversteigert werden. Die Polizei hält sich zwar bedeckt, doch alle vermuten eine Verzweiflungstat. Das liegt nahe, denn in den rauchenden Überresten des Hauses erkennt man drei große Gasflaschen. Den Hausbewohner schreibt die Polizei am Abend zur Fahndung aus. Man weiß nur so viel: Sein Auto ist da. Angeblich ist er am Vorabend gegen 23 Uhr heimgekommen und seitdem nicht mehr gesehen worden. Weggefahren ist er nicht. Vorsichtshalber habe man jedoch eine Streife nach Fürth geschickt, wo die Zwangsversteigerung über die Bühne gehen sollte, heißt es aus den Reihen der Polizei.
"Er war ein sehr zurückgezogener Mensch und hatte früher einen metallverarbeitenden Betrieb", weiß eine Nachbarin. Ein anderer findet weniger nette Worte: "Das war ein Bekloppter", sagt er. Dass er den Kontakt zu den anderen Löhrbachern gemieden hat, bestätigen viele. Weitere Anwohner berichten davon, dass der Hauseigentümer in den vergangenen Wochen immer wieder Menschen sehr rüde begegnet sei, die das zur Zwangsversteigerung stehende Haus ansehen wollten. "Einem hat er sogar das Auto demoliert", erinnert sich jemand.
Viele, mit denen man sich an diesem Vormittag unterhält, denken in jenem Moment an die schreckliche Tat in Bettenbach. Der Mordprozess gegen das Zahnarzt-Ehepaar, das wegen der Zwangsversteigerung erst seine Kinder tötete und dann versuchte, sich selbst da Leben zu nehmen, hat in dieser Woche begonnen.
Auch in Löhrbach ringen die Menschen nun um Fassung. Annemarie Dörsam saß ein paar Häuser weiter gerade am Frühstückstisch: "Auf einmal hat es einen riesigen Knall getan. Um Gottes willen, hab ich gedacht, da ist nicht nur etwas runtergefallen." Zunächst hatte sie Angst um die Familie, die in der Nachbarschaft neu gebaut hat. Vom Hof aus sah sie bereits "eine riesige schwarze Wolke". Dann erst einmal die Erleichterung, dass es der Familie gut gehe. Zwei Autofahrerinnen, die zum Zeitpunkt der Explosion gerade das Haus passieren wollten, seien sehr erschrocken gewesen. Zum Glück seien sie nicht von umherfliegenden Trümmerteilen getroffen worden. Annemarie Dörsam wusste, dass das Haus zwangsversteigert werden sollte und wollte zu dem Termin eigentlich sogar hinfahren, "um einmal zu sehen, wie so was läuft." Nun gibt es bei ihr im Hof Kaffee für die Einsatzkräfte.
IM EINSATZ
Rund 80 Einsatzkräfte waren bis zu den Mittagsstunden in Löhrbach im Einsatz. Darunter die Feuerwehren aus Birkenau, Löhrbach, Buchklingen, Unter- und Ober-Absteinach und Weinheim, informiert Einsatzleiter Jan Hofmann. Später kommt die DLRG mit einer Drohne, die kurz nach 10 Uhr erste Bilder von dem Trümmerhaufen sendet, der einst ein Einfamilienhaus war. Das THW Viernheim kommt mit einem Radlader und Fachleuten zur Räumung. Eine Baufirma, die gerade in der Nähe tätig ist, stellt ebenfalls einen Radlader zur Verfügung, der kurz nach 11 beginnt, die Trümmer auseinanderzuziehen. (rid)
Werner Trares ist als Kreisbrandinspektor vor Ort: "Man kann von unheimlichem Glück sprechen, dass schnell genug Einsatzkräfte vor Ort waren", lobt er. So eine Explosion in einem dicht besiedelten Wohngebiet hätte richtig schlimme Folgen gehabt. Auch Landrat Christian Engelhardt machte sich mit eigenen Augen ein Bild vom Geschehen.
23.03.2019 aus Starkenburger Echo, www.echo-online.de, von Astrid Wagner